Unser Gasthaus

TRADITION am STANDORT: Wirtschaft und Brauerei am Tor

 

Das Tor nach Nördlingen wird schon vor über 700 Jahren genannt, die heutige Form erhielt der Turm dann 1594. Damals schon befand sich hier eine Wirtschaft. Eine gute Lage, direkt am Eingang von der sogenannten „unteren Vorstadt“ her und gegenüber des unteren Bads. Denn dort, wo heute die Stadtbücherei ist, betrieb der untere Bader seine Badstube – und das mindestens schon 1463!

 

Wann der erste Wirt hier anfing, lässt sich nicht mehr feststellen. Aber seit 1552 sind uns die Wirte namentlich bekannt. Seinerzeit war der „bierprew“ Michel Beck stolzer Besitzer des Anwesens, zu dem auch die Braugerechtigkeit gehörte. Denn bis zur Mitte des 20. Jahrhundert wurde selbstgebrautes Bier ausgeschenkt. Nachfolger waren die Meyers, die zu den angesehenen Bürgern gehörten, Karriere im Rat der Stadt machten und es bis zum Amtsbürgermeister brachten.

 

Als 1666 Michael Heckel das Anwesen erwarb, umfasste es eine Braustätte, ein Malzhaus und zwei Städel samt zugehörigen Grundstücken und natürlich das Wirtshaus, das als unter dem Namen „zum Straußen“ bekannt war.

 

DER ERSTE OCHSENWIRT: Vom Straußen zum Ochsen

 

Die Stadt, geteilt zwischen zwei Linien des Grafen- bzw. Fürstenhauses Oettingen, war halb katholisch und halb evangelisch. Nach den verheerenden Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs mit Hunger, Pest und wechselnden Kriegsverhältnissen erholte sich die Stadt in den Jahren um 1680 allmählich. Die beiden Stadtherrschaften bemühten sich um zeitgemäßen Prunk in ihren Schlössern und Kirchen. Häuser wurden erneuert und modernisiert. Fassadenmalereien, barocke Giebelformen und Stuckaturen waren Ausdruck des Zeitgeschmacks.

In diese Zeit fällt auch die erste Erwähnung des Ochsenwirts. 1684 kaufte Michael Dietrich die Straußenwirtschaft, einige Jahre später schon wurde er „Wirt zum guldenen Ochsen“ genannt.

 

Nebenbei bemerkt war nur wenige Jahre zuvor in der an Wirtshäusern nicht gerade armen Stadt Oettingen eine weitere Ochsenwirtschaft eröffnet worden: Die Wirtschaft zum Schwarzen Ochsen“ lag bis Mitte des 18. Jahrhunderts in der Unteren Vorstadt (heute Eck Königsstraße/Hadergasse).

 

Ob die Umbenennung der Straußenwirtschaft zum goldenen Ochsen eine „Modernisierung“ bedeutete oder eher eine Reminiszenz an die Herkunft des Wirts war, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Fakt ist, dass Dietrich 1657 als Sohn des evangelischen Hofmetzgers in Oettingen geboren wurde, als Wirt in Rudelstetten einheiratete und einige Jahre später mit seiner Frau nach Oettingen zurückkam. Als Ochsenwirt heiratete er zwei weitere Male, was alles wohl formuliert seinem, mit einem Ochsen gezierten Grabstein in der St. Jakobskirche zu entnehmen ist. Seine Wirtsnachfolger im 18. Jahrhundertwaren Mitglieder der weit verzweigten Oettinger Wirts- und Metzgerfamilien Reußner und Hörner.

 

FAMILIENTRADITION: Am Anfang stand eine starke Frau

 

Im 19. Jahrhundert nahmen die Besitzerwechsel zu, die wirtschaftliche Lage der Ochsenwirte wurde wohl immer problematischer, bis schließlich 1912 die Aktienbrauerei Kempten das Anwesen versteigern ließ. Das war die Chance für die heutige Besitzerfamilie Jung-Bissinger.

 

Mit einem Fräulein ging es los: „Die Gastwirtschaft zum Ochsen dahier wurde von der bisherigen Pächterin Frl. Peppi Bissinger aus Mertingen käuflich erworben.“ meldete das Oettinger Amts- und Anzeigeblatt am 2. November 1912. Einen Monat später gab die neue Besitzerin bereits die Geschäftseröffnung bekannt: „Es wird mein Bestreben sein, durch auswahlreiche Küche, Verabreichung vorzüglichen Bieres und aufmerksamer Bedienung meinem Geschäfte das alte Renomée wieder zu gewinnen…“ In den Akten ist vermerkt, dass der goldene Ochsen eine Gastwirtschaft mit der Befugnis der Fremdenbeherbergung und zum Ausschank von Bier, Wein, Likör, Branntwein und nichtgeistiger Getränke war. Tüchtig und tatkräftig scheint das Fräulein Peppi gewesen zu sein. Einem bäuerlichen Anwesen in Mertingen entstammend, war sie bereits 1911 in Oettingen tätig. Damals hatte der jüdische Handelsmann Nathan Badmann kurzzeitig das Gasthaus zur goldenen Gans in Besitz und sie führte es für einige Monate „als Stellvertreterin“.

 

Kaum ein Jahr später war sie dann schon Besitzerin eines eigenen Anwesens. Unterstützung erhielt sie von ihren Geschwistern. Das nötige Fachwissen für die Brauerei kam mit dem Ehemann 1919 ins Haus. Da heiratete sie Georg Jung aus Wornfeld. Er stammte aus einer Wirts- und Brauerfamilie und war Braumeister. So wurde aus dem Bier der Ochsenwirtschaft der „Jung-Bräu“. Diese Bezeichnung Jung-Bräu fand sich auf Flaschen, Etiketten und sogar an einem Lokal, ganz in der Nähe: Durchs Tordurch auf der rechten Seite stand das Jungbräustüble.

Das Ehepaar Jung scheint recht erfolgreich gewesen zu sein, soweit es eben die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erlaubten. Immerhin erwarb der „Herr Brauereibesitzer Georg Jung“ 1931 das Nachbarhaus, am Reithausplatz gelegen, mitsamt Garten „zur Vergrößerung seines Betriebes“. Im gleichen Jahr konnte er sein neues Sudhaus einweihen.

 

Wirtschaftlich waren die Zeiten schlecht und von politischen Auseinandersetzungen geprägt. Die gingen auch am Ochsen nicht vorbei. So erschien 1934 im „Stürmer“, dem bekannten antisemitischen nationalsozialistischen Hetzblatt, der empörte Bericht eines Reisenden über seinen Aufenthalt im Hotel zum Ochsen: Kein Hitlerbild an der Wand und ein Wirtsehepaar, das darauf bestand, dass Juden auch Menschen seien und als Gäste zu behandeln sind.

 

Die Ehe der Jungs blieb kinderlos, Peppi Jung starb 1947 mit nur 58 Jahren, ihr Mann 1957. Als Nachfolger war Peppis Bruder Josef Bissinger vorgesehen. 11 Jahre jünger als seine Schwester, kam er bereits 1928 zu seiner Ausbildung als Braumeister in den Ochsen, hierher kehrt er auch Mitte 1945 aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück. 1948 heiratet er die Tochter eines Donauwörther Bauunternehmers. 1950 adoptierte Peppis Witwer (Georg Jung) die ganze Familie: Josef Bissinger samt Gattin und kleiner Tochter, der auch noch ein Sohn folgte. Als Familienname gilt seither „Jung-Bissinger“. 

 

Von da an betreibt Josef Jung-Bissinger gemeinsam mit seiner Frau Paula die hauseigene Brauerei samt Gasthof. 

 

1983 übernimmt Karl Jung-Bissinger von seinen Eltern den Gasthof und betreibt ihn über 30 Jahre zusammen mit seiner Ehefrau Anita.

 

Am 1. Januar 2016 übernimmt Michael Jung-Bissinger in der nunmehr 4. Generation das Gasthaus.


Bierdeckel Brauerei Georg Jung, Oettingen
Bierdeckel Brauerei Georg Jung, Oettingen